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“Zur Sprache totaler Ideologien” - Wolf-Andreas Liebert (Sprachreport, 2019)
Wolf-Andreas Liebert untersucht in seinem Artikel, wie Sprache und Kommunikation in politischem Extremismus eine wichtige Rolle spielen. Er zeigt, wie die Linguistik helfen kann, extremistische Denkweisen (thought) und Sprache zu verstehen, besonders in einer Zeit, in der die Demokratie bedroht ist (is under threat).
Einleitung: Der kulturelle Kontext
Liebert erklärt dass Sprache im politischen Extremismus zentral ist. Es gibt Studien zur Sprache der Nazis, zum neuen Antisemitismus, Terrorismus und Populismus. Doch aktuelle Entwicklungen (developments), wie Angriffe (attacks) auf die Demokratie durch Gewalt (violence), wurden noch wenig untersucht. Nach dem Mauerfall 1989 schien die Demokratie stark, aber Globalisierung, die Anschläge vom 11. September 2001 und die Mediatisierung haben neue Probleme gebracht. Viele kritisieren die Demokratie, z.B. enttäuschte Bürger, Neoliberale oder radikale Bewegungen wie Islamisten, Nationalisten und Anarchisten.
Extremistische Gruppen und ihre Sprache
Liebert teilt Extremismus in drei Gruppen:
- Nationalistischer Extremismus: Gruppen wie die “Identitäre Bewegung” oder “Reichsbürger” lehnen den Islam ab und sehen sich im “Kulturkampf”. Begriffe wie “Kulturmarxismus” oder “Political Correctness” sind sypisch, z.B. in Anders Breiviks Manifest.
- Islamistischer Extremismus: Diese Gruppen verachten westliche (despise) Demokratien als “Ungläubige” (Kuffar) und nutzen moderne Propaganda, z.B. Videos oder die Zeitschrift “Dabiq”, um junge Menschen zu radikalisieren.
- Anarchistischer/Sozialistischer Extremismus: Nach 1989 entwickelten sich (emerge) neue Formen, z.B. durch das Manifest “Der kommende Aufstand”. Slogans wie “Welcome to hell” (G20-Proteste 2017 in Hamburg) rechtfertigen (justify) Gewalt gegen das “kapitalistische System”.
Totale Ideologie
Liebert verwendet (uses) Karl Mannheims Konzept der “totalen Ideologie”. Dabei glaubt eine Gruppe, dass ihre Sichtweise (view) die einzige Wahrheit ist. Andere Ansichten (views) werden abgelehnt (rejected), die eigene Gruppe wird als “heilig” gesehen, andere als “krank” oder “schmutzig”. Diese Denkweise (mentality) zeigt sich in der Sprache durch:
- Sakralisierung: Die eigene Gruppe und ihre Ideen werden glorifiziert.
- Dämonisierung: Andere Ideologien werden verteufelt (demonized).
- Gewaltrechtfertigung: Gewalt wird als Mittel gesehen (seen as a means), die “Wahrheit” zu verteidigen.
Sprache des Extremismus
Liebert analysiert die extremistische Sprache in drei Bereichen (areas):
- Erzählung und Narrativ: Narrative sind kollektive Deutungsmuster (patterns of interpretation), die die eigene Gruppe stärken.
- Beispiel: Im islamistischen “Al-Aqsa-Narrativ” wird ein Attentäter (attacker) als “Märtyrer” gefeiert, doch in der Familie gibt es oft Trauer. Dominic Musa Schmitz’ Autobiographie zeigt, wie ein neues Narrativ (“Brückenbauer”) zur Deradikalisierung führen kann.
- Referenz und Prädikation: Sprache beschreibt und charakterisiert Dinge. Begriffe wie “Schwarzer Block” können irreführend sein (can be misleading), z.B. wenn sie bei den G20-Protesten nicht nur linke Aktivisten, sondern auch andere Gruppen beschreiben.
- Schlüsselwörter und Sinnformeln (semantics): Begriffe wie “Dschihad”, “Kulturmarxismus” oder “Welcome to hell” prägen (shape) die Identität einer Gruppe. Auch Bilder (z.B. “refugees welcome”) und Metaphern sind wichtig.
Was kann Linguistik leisten (achieve)?
Linguistik kann zeigen, wie extremistische Sprache funktioniert, z.B.:
- Wie Ideologien durch Sprache entstehen (z.B. in Manifesten).
- Wie Gewalt gerechtfertigt wird (is justified) (z.B. in Bekennerschreiben claims of responsibility).
- Wie Menschen aus Extremismus aussteigen (leave) (z.B. Autobiographien).
Fazit
Extremistische Ideologien sind wie ein übertriebener Spiegel der Gesellschaft (exaggerated mirror of society) und zeigen ungelöste (unresolved) Konflikte. Sie beziehen sich oft aufeinander (relate to each other), z.B. wenn Rechtsextreme die “Kulturmarxisten” oder die “Antifa” als Feinde sehen. Linguistik kann helfen, diese Dynamiken zu verstehen und die Demokratie zu stärken. Ein neues Narrativ für die Demokratie fehlt jedoch noch. Das Artikel betont, dass Linguistik keine politischen Lösungen bietet, aber durch Analyse der Sprache zu einer toleranten und demokratischen Gesellschaft beitragen kann.
„(Audio)visuelle politische Rhetorik“ – Michael Klemm (2019)
Dieser Artikel von Michael Klemm untersucht, wie Politiker Bilder und Videos nutzen, um ihre Botschaften (messages) zu vermitteln (convey). Er beschreibt die Geschichte, Methoden und Strategien der visuellen und audiovisuellen Politik.
Einleitung: Politik und Bilder
Politik ist stark von Kommunikation geprägt (is shaped). Schon immer haben Herrscher visuelle Symbole wie Münzen (coins), Gemälde oder Statuen genutzt, um Macht zu zeigen. Heute verwenden Politiker vor allem Fotos und Filme, besonders in sozialen Medien, um mit Bürgern zu kommunizieren. Sie zeigen ihr Leben, ihre Werte und Ziele — oft strategisch geplant. Diese “visuelle Politik” wird mit Methoden wie der “sozialen Semiotik” analysiert, die zeigt, wie Bilder Bedeutungen erzeugen (create).
Politik und Bilder/Filme: Eine schwierige Beziehung (relationship)
Bilder sind mächtig (powerful) in der Politik. Beispiele wie das Foto das knienden Willy Brandt oder das ertrunkene (drowned) Kind Aylan Kurdi beeinflussen Diskussionen und bleiben im Gedächtnis (memory). Politiker nutzen Bilder, um sich als kompetent oder bürgernah (close to people) darzustellen. Aber es gibt Kritik: Manche sagen, Bilder vereinfache Politik zu sehr (oversimplify) und fördern (promote) “symbolische Politik” oder “Mediokratie”. Sie könnten manipulieren, besonders in Zeiten von Populismus. Dennoch (nevertheless) sind Bilder unverzichtbar, da sie Emotionen wecken (evoke) und Politik zugänglicher (accessible) machen.
Theorien und Methoden der Analyse
Früher wurden politische Bilder vor allem in der Kunstgeschichte (history of art) untersucht. Heute nutzt man modernere Ansätze (approaches) wie die “soziale Semiotik” nach Kress und van Leeuwen. Diese Methode analysiert, wie Bilder, Texte, Musik und Farben zusammenwirken (interact together) (Multimodalität). Ein Beispiel: Ein Foto von Angela Merkel zwischen Putin und Bush zeigt durch Position und Blickkontakt politische Beziehungen. Solche Analysen zeigen, wie Politiker Botschaften wie “Ich bin erfolgreich” vermitteln, ohne Worte.
Medien und Funktionen der visuellen Politik
Politiker nutzen viele Medien: von Münzen in der Antike bis zu Instagram heute. Besonders soziale Medien wie Instagram oder Twitter sind wichtig, weil Politiker dort direkt kommunizieren können, ohne Journalisten. Sie zeigen Fotos von ihrer Arbeit oder ihrem Privatleben, um Werte wie Kompetenz oder Volksnähe zu vermitteln. Aber das ist schwierig, weil politische Arbeit oft abstrakt ist. Bilder machen das “Unsichtbare” sichtbar (visible), z.B. Merkel im Regen, die Verlässlichkeit zeigt.
Visuelle Politik: Fotos und Texte
Politiker verwenden (use) oft wiederkehrende Bildmuster (recurring image patterns), sogenannte “Bildformeln”, wie “Politiker am Rednerpult (podium)” oder “in der Menge”. Diese vermitteln Seriosität, Macht oder Sympathie. Manche Politiker zeigen auch private Bilder, z.B. beim Sport, um individuell zu wirken. Solche Bilder sind riskant, weil sie falsch verstanden werden können. Texte in sozialen Medien ergänzen (complement) oft die Bilder, z.B. Merkel, die auf Instagram ihre “Bedingungen” an Trump postet.
Audiovisuelle Politik: Videos und Ton
Videos spielen wachsende (increasing) Rolle, z.B. Wahlwerbespots oder Merkel’s wöchentliche Videopodcasts. Solche Formate sind komplex, weil Gestik (gesture), Musik und Kameraführung wichtig sind. Im Wahlkampf sind TV-Duelle oder Polittalks wie “Ersatzparlemente”. Ein Beispiel ist Trumps Wahlspot 2016, der Populismus durch Bilder und Musik verstärkt. Videos sind mächtig, aber schwer zu kontrollieren.
Bürger und Bilder
Bürger reagieren auf (react to) politische Bilder, besonders in sozialen Medien. Sie kommentieren, teilen oder kritisieren, manchmal mit “Memes”. Früher gab es “Bilderstürme” (iconoclasm), heute “Adbusting”. Solche Aktionen zeigen, dass Bürger Macht über politische Bilder haben und Gegendiskurse schaffen (create).
Fazit
Bilder und Videos sind heute zentral für Politiker. Sie müssen strategisch kommunizieren, um Bürger zu erreichen (reach), besonders in sozialen Medien. Politik muss “viralisierbar” sein. Gleichzeitig nutzen auch Populisten oder Terroristen Bilder, was Demokratien herausfordert (challenges). Eine starke Demokratie muss die Kraft der Bilder nutzen, um stabil zu bleiben. Kulturelle Unterschiede bleiben: Obama wirkt wie ein “Popstar”, Merkel wie eine “Managerin”.
Wichtige Punkte:
- Bilder sind seit jeher Teil der Politik, heute besonders in sozialen Medien.
- Sie vermitteln Botschaften wie Kompetenz oder Nähe, sind aber riskant.
- Methoden wie soziale Semiotik helfen, Bilder zu analysieren.
- Bürger haben durch soziale Medien mehr Einfluss auf politische Bilder.
- Videos gewinnen an Bedeutung, besonders im Wahlkampf.
- Demokratien müssen Bilder strategisch nutzen, um gegen Populismus zu bestehen.